Titel

LG Lüneburg, Beschluss vom 30.05.2006, Az. 10 T 46/05
vollständiges Entkleiden zur Durchsuchung erfordert konkrete Verdachtsmomente, dass Person am Körper gefährliche Gegenstände trägt

 


Zitiervorschlag: LG Lüneburg, Beschluss vom 30.05.2006, Az. 10 T 46/05, zitiert nach POR-RAV


Teaser

Neben der Freiheitsentziehung waren hier auch Rügen zur Art und Weise der Behandlung zu entscheiden. Moniert wurden neben der Freiheitsentziehung die lange Fesselung sowie der Zwang zum vollständigen Entkleiden. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.12.2005 (2 BvR 447/05) zeigt hier Wirkung. Erstmals hat sich das Landgericht konkret mit diesem Beschwerden auseinandergesetzt.

Leitsatz

1. Aus der allgemeinen Aufgabe der Polizei, den Castor-Transport zu sichern, ergibt sich der gefahrenabwehrrechtliche Schwerpunkt des polizeilichen Handelns. Im übrigen kommt es für die Frage, ob die Polizei präventiv oder repressiv vorgegangen ist, auf den konkreten Auftrag und die vor Ort ausgefüllten Begleitscheine und Sofortberichte an. 2. Die fehlende Belehrung vor Ort über die Rechtsgrundlage der Freiheitsentziehung hat keinen Einfluss auf deren Rechtmäßigkeit, sondern nur auf anschließende Haftungsfragen und die Zulässigkeit des nachfolgenden Rechtsschutzes. 3. Aus dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit und hieraus resultierenden Nachprüfbarkeit der Entscheidungen ist es der Polizei verwehrt, den zu ihrem Einschreiten angenommenen Sachverhalt im Nachhinein auszutauschen. Die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes ist zu den zum Einsatzzeitpunkt geltenden Bedingungen und Erkenntnissen zu beurteilen. Dem steht aber nicht entgegen, die richtigerweise angenommenen Voraussetzungen und Rechtsfolgen erst zu einem späteren Zeitpunkt mitzuteilen. 4. Werden Person in unmittelbarer Nähe zu einer vorangegangenen Ankettaktion im Wald zusammen mit Materialien, die sich zur Ankettung eignen, aufgefunden, so ist die Gefahrenprognose, diese werden sich in allernächster Zukunft an möglichen Ankettaktionen beteiligen, nicht zu beanstanden. Diese Gefahr besteht bis zum Eintreffen des Zuges in Dannenberg fort, da der weitere Verlauf der Fahrt nach der maßgeblichen ex-ante Betrachtung nicht mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden kann. 5. Das unbefugte Betreten der Gleisanlage im Rahmen eines Castortransportes wenige Stunden vor dem erwarteten Herannahen des Zuges, erst recht das Anketten an die Schienen stellen Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit dar. Die in unmittelbarer Umgebung des Zuges eingesetzten Beamten sind vor Unfällen zu schützen. Auch wenn üblicherweise im Rahmen der Castortransporte auf Sicht gefahren wird, können Unfälle aufgrund nicht rechtzeitige erkannter Schienenblockaden letztlich doch nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Nicht zuletzt dient die Verhinderung von Gleisankettungen daher letztlich auch dem Schutz der Betroffenen selber. 6. Ungeachtet möglicher Unfälle gebietet es die besondere Gefährlichkeit des transportierten Gutes, jedwede Verzögerung und jedes nicht planmäßige Anhalten des Zuges zu verhindern, weil insbesondere jeder nicht planmäßige Halt die Gefahr rechtswidriger Übergriffe auf den Transport und damit die Gefahr der Entstehung nicht mehr hinreichend durch die Polizeikräfte kontrollierbarer Lagen begründet. 7. Ein Platzverweis ist kein milderes, gleich effektives Mittel, da diese nach den Erfahrungen der Castortransporte in der Vergangenheit in der Regel nicht befolgt werden. 8. Personen, die sich im Wald versteckt halten, handelte es sich nicht um eine nach Art. 8 Abs. 1 GG geschützte Versammlung, weil es ihnen jedenfalls zu diesem Zeitpunkt an dem erkennbaren Zweck der kollektiven Meinungsbildung- und Äußerung fehlte. 9. Die bis zur Ankunft des Betroffenen und Aufnahme in das dortige Datenerfassungssystem erfolgte Transport inklusive der Datenerfassung und Durchsuchung (insgesamt 4 ½ Stunden) war zur Herbeiführung der richterlichen Entscheidung unvermeidbar. Wegen des Zusammenspiels der verschiedenen Polizeieinheiten ist eine durchgehende Dokumentation unerlässlich. Zur Eigensicherung der eingesetzten Polizisten war auch die wiederholte Durchsuchung der Betroffenen unerlässlich. Da jede Einheit für ihre eigene Sicherheit Sorge zu tragen hat, muss sie auch in der Lage sein, die Sicherheit durch Durchsuchungen der festgehaltenen Personen zu gewährleisten. 10. Die differenzierenden Zuständigkeitsregelungen des § 19 Abs. 3 Satz 1 und 2 NGefAG stellen kein Verstoß gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art.103 GG) dar. Da aufgrund des Unverzüglichkeitsgebots des Art. 104 GG jede Maßnahme bis zur Vorführung des Betroffenen vor Gericht gerechtfertigt sein muss, kann die Polizei nicht durch Verbringung zu weit entfernten Gewahrsamsorten auf den gesetzlichen Richter Einfluss nehmen. Jede einzelne Maßnahme ist auch in jedem Einzelfall vom Gericht zu prüfen. 11. 2 ½ Stunden Bearbeitungszeit für die Identitätsfeststellung, Durchsuchung, Erstellung der Sofortberichte und Übergabe an das Transportkommando mit den hierfür erforderlichen Gesprächen zur Erläuterung des Sachstandes ist für 21 Personen noch kein Verstoß gegen das Unverzüglichkeitsgebot. Gleiches gilt für eine Bearbeitungszeit von einer Stunde durch das Transportkommando, die Fahrzeit von einer Stunde von Leitstade nach Neu Tramm sowie für eine Stunde zwischen Ankunft und Aufnahme in der Gesa, die sich mit der Größe der Gruppe rechtfertigen lässt. 12. Eine Vorführung ist erst ab Aufnahme in das Datenerfassungssystem möglich. 13. Allein der allgemeine Erfahrungswert, dass Castorgegner häufig jede sich ihnen bietende Möglichkeit des Protestes wahrnehmen, rechtfertigt nicht den pauschalen Schluss, dass jeder, der an einer Schienenblockade teilnimmt, im Anschluss daran auch in strafbarer oder zumindest ordnungswidriger Weise versuchen wird, sich an Straßenblockaden zu beteiligen (OLG Celle, Beschl. v. 26.9.2005, 22 W 80/05). Am Nachmittag des Vortages des Straßentransport stehen straßenbezogene Gefahren außerdem nicht unmittelbar bevor. 14. Die Überprüfung der allgemeinen Behandlung während des Gewahrsams ist von der Zuständigkeitsnorm des § 19 NGefAG umfasst (Aufgabe der vorherigen Rechtsprechung der Kammer). 15. Die Überprüfung selbständiger Zwangsakte wie der Fesselung, die auf einer eigenständigen Ermächtigungsgrundlage beruhen, sind bereits deswegen einer gesonderten richterlichen Überprüfung zugänglich. Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte hierfür ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs. 16. Die Fesselung von Personen wegen Fluchtgefahr ist gerechtfertigt, wenn der Verdacht bestand, dass sich die Person an die Schienen ketten wollte und schon andere Personen der Gruppe geflohen waren. Angesichts der offensichtlich sorgsamen Vorbereitung der Ankettung sowie der im Rahmen einer Ankettung in Kauf genommenen Gefahren und Unannehmlichkeiten für die Betroffenen ist darauf zu schließen, dass die Personen dieses Ziel mit Nachdruck verfolgen und jede sich ihnen bietende Möglichkeit seiner Realisierung nutzen werden. Diese Gefahr besteht auch nach Durchfahrt des Zuges vor Ort fort, da der Zugverlauf nicht prognostizierbar ist. 17. Die Fesselung von Personen während der Fahrt zur Gesa ist wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt, wenn der Transport einer Gruppe in einem Großraumtransporter mit nur zwei begleitenden Beamten durchgeführt wird, da gruppendynamische Prozesse wie spontane Fluchtversuche nicht auszuschließen sind. 18. § 13 Abs. 1 Nr.1 NGefAG rechtfertigt die Erstellung von Fotos nicht nur, wenn dies zur Identitätsfeststellung notwendig ist, sondern auch, um die Zuordnung der in der Gefangenensammelstelle festgehaltenen Personen zu erleichtern. 19. Bei erledigten Grundrechtsverstößen ergibt sich das Feststellungsinteresse bei unter Richtervorbehalt stehenden Grundrechten aus der Bedeutung der Grundrechte. Bei anderen Grundrechten muss das Feststellungsinteresse gesondert dargelegt werden, da das Kriterium des Feststellungsinteresses aufgrund des umfassenden Schutzes der Rechtssphäre des Bürgers, vor allem durch Art. 2 Abs. 1 GG, ansonsten leerliefe. 20. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung umfasst nicht auch die Feststellung der Verletzung anderer Rechtsgüter. 21. Die Überheizung der Gewahrsamszelle kann einen Eingriff in die körperliche Integrität darstellen. Dies muss jedoch gesondert dargelegt werden. Geschieht dies nicht, handelt es sich um bloße Unannehmlichkeiten, die hinzunehmen sind. 22. Eine Durchsuchung zur Sicherung des Gewahrsams, für die sich die zu durchsuchende Person vollständig entkleiden muss, stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung einer auf § 22 NGefAG gestützten Durchsuchung ist die Wertung des § 84 StVollzG zu beachten. Bei der erforderlichen Abwägung sind nicht nur Art und Bedeutung der sich gegenüberstehenden Grundrechte, sondern auch Art und Wahrscheinlichkeit ihrer möglichen Verletzung sowie die Nähe des Schadenseintrittes zu beachten. 23. Auf dieser Grundlage ist eine Durchsuchung festgehaltener Personen auch ohne Hinzutreten weiterer Verdachtsmomente grundsätzlich zur Eigensicherung der handelnden Polizisten sowie zur Verhinderung der Verletzung dritter Personen zulässig. Dem Sicherheitsinteresse wird aber in aller Regel durch ein schlichtes Abtasten der Personen unter Ablegung der äußeren Kleidungsstücke genüge getan werden können. Der mit dem Ausziehen verbundene besondere Grundrechtseingriff bedarf einer besonderen Rechtfertigung gegenüber der Einzelperson, die sich etwa aus entsprechenden Vorerkenntnissen zur Gewaltbereitschaft der Person oder auch der Gruppe, der er angehört, ergeben kann. Dass hierbei keine 100- prozentige Sicherheit erzielt werden kann, ist aus Sicht der Kammer aus verfassungsrechtlichen Gründen hinzunehmen. 24. Die Anhörung im Freiheitsentziehungsverfahren verfolgt den doppelten Zweck, einerseits rechtliches Gehör zu gewähren und dem Gericht einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, andererseits zur Sachverhaltsaufklärung beizutragen. Bei nachträglichen Überprüfungsverfahren rückt der Zweck der Gewinnung eines persönlichen Eindrucks in den Hintergrund, da die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung aus der ex ante-Sicht zu beurteilen ist. 25. § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG ermöglicht eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten nur im Ausnahmefall. Es entspricht der Billigkeit, wenn die Betroffene die außergerichtlichen Kosten für den Teil zu tragen hat, bei dem sie unterlegen ist, die Beteiligte jedoch nicht die außergerichtlichen Kosten der Betroffenen, soweit diese gewonnen hat. 26. Eigenständige Zwangsakte mit eigenständigen Ermächtigungsgrundlagen stellen eigenständige Geschäftsgegenstände dar, die auch wertmäßig eigenständig zu erfassen sind.

(nichtamtlich)

Volltext

TENOR:

Auf die sofortige Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dannenberg vom 23. März 2005 (Az. 12 XIV 136/02 L) wird der Beschluss des Amtsgerichts Lüneburg vom 23. März 2005 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Freiheitsentziehung der Betroffenen am 13.11.2002 ab 16.45 rechtswidrig war. Es wird festgestellt, dass die Durchsuchung der Betroffenen rechtswidrig war. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde auf Kosten der Betroffenen zurückgewiesen. Soweit die sofortige Beschwerde zurückgewiesen wurde, hat die Betroffene auch die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu tragen.

Soweit der sofortigen Beschwerde stattgegeben wurde, ergeht diese Entscheidung gerichtsgebührenfrei.

Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Beschwerdewert: 4.000 Euro. - davon für den zurückgewiesenen Teil: 2000 Euro - und für den stattgebenden Teil: 2000 Euro.

Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen.

GRÜNDE

I.

Die Betroffene begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit ihrer lngewahrsamnahme anlässlich eines Castortransportes in Leitstade im Jahre 2002 einschließlich der Art und Weise des vollzogenen Gewahrsams.

Für die Dauer des Castortransportes hatte die Bezirksregierung per amtlich bekannt gemachter Allgemeinverfügung ein Versammlungsverbot in einem Korridor von 50 m rechts und links der Bahnschienen für die Bahnstrecke Lüneburg Dannenberg erlassen.

Am 13. November 2002 war es gegen 10.30 Uhr einer anderen Gruppe von Castorgegnern gelungen, in Höhe des Bahnkilometers 192,9 in Leitstade in den Bereich der Gleise zu gelangen. Zwei dieser Personen hatten sich an die Gleise angekettet und angegeben, sich gegen ein Heraustrennen durch brennbare Flüssigkeiten in den Ankettevorrichtungen gesichert zu haben Diese mussten durch Durchtrennung des Schienenstranges von Spezialkräften der Polizei von den Schienen gelöst werden Anschließend musste der Gleiskörper wieder repariert werden. Der gesamte Vorgang hatte etwa 2 1/2 Stunden in Anspruch genommen. Zum Schutze des Gleiskörpers vor weiteren Störaktionen wurde daraufhin das angrenzende Waldgebiet von verschiedenen Polizeikräften abgesucht.

Hierbei wurde die Betroffene gegen 11.33 Uhr zusammen mit 5 weiteren Personen Höhe des Bahnkilometers 192,9, etwa 200-300 m von den Schienen entfernt im Gebiet des Landkreises Dannenberg von Beamten der thüringischen Bereitschaftspolizei aus Erfurt angetroffen. Die Personen saßen bzw. lagen dort auf dem Boden und verhielten sich ruhig. Bei Eintreffen der Polizisten traten 3 Personen die Flucht an, die Betroffene blieb auf dem Boden liegen und leistete gegenüber den Polizisten keinen Widerstand.

Die Betroffene wurde ebenso wie die anderen Personen von den eingesetzten Polizeibeamten zunächst zur Identitätsfeststellung festgehalten, sodann wurde die Betroffene zur Verhinderung von Straftaten in Gewahrsam genommen. Ob der Grund der Ingewahrsamnahme der Betroffenen zu diesem Zeitpunkt erklärt und die Betroffene über die ihr insoweit zustehenden Rechtsbehelfe belehrt worden war, konnte nicht mehr festgestellt werden. Ferner wurden alle Betroffenen körperlich durchsucht. Am Auffindeort der Gruppe fanden die Polizisten ein Metallrohr der Art, wie es zuvor bei der erfolgreichen Anketteaktion auf den Schienen benutzt worden war. Bei der Betroffenen wurde darüber hinaus 1 Supertool und 1 Metallband sichergestellt. Die Betroffene wurde wie die übrigen Personen mit Plastikhandfesseln gefesselt.

Die Gruppe wurde dann zum Zwecke der Verbringung in die Gefangenensammelstelle in Neu Tramm dem Bahnhof Leitstade zugeführt. Um 13.15 Uhr erging der Transportauftrag an die Transportkräfte der Bereitschaftspolizei Bayern. Um 13.35 Uhr trafen die Transportkräfte am Bahnhof Leitstade ein. Zuvor waren von anderen Polizeikräften weitere Personen zur Verbringung in die Gefangenensammelstelle zum Bahnhof verbracht worden. Gegen 13.51 Uhr wurde von den Transportkräften mit der Abarbeitung der insgesamt 21 Personen begonnen. Hier wurden die Festgehaltenen u.a. noch einmal durchsucht, erforderliche Unterlagen wie Gewahrsamsschein, Mantelbogen etc. wurden überprüft, ebenso die übergebenen Asservate. Diese Maßnahmen waren gegen 14.51 Uhr beendet. Sodann wurden die Betroffenen auf die vorhandenen Transportfahrzeuge verteilt. Aus Gründen der Eigensicherung sollte erst bei vollständiger Belegung aller Transportfahrzeuge im Zugkonvoi abgerückt werden. Noch während des Aufenthaltes auf dem Bahnhof in Leitstade fuhr der Castortransportzug dort durch. Um 14.56 Uhr startete der Gefangenentransport in Richtung Gefangenensammelstelle Neu Tramm, die er um 15.45 Uhr erreichte. Bis zur Ankunft in der Gefangenensammelstelle blieb die Betroffene gefesselt. In der Gefangenensammelstelle wurde die Betroffene noch einmal durchsucht, wobei sie sich auch nackt ausziehen musste. Gegen 16.10 Uhr wurde mit der datenmäßigen Abfertigung der Gruppe in der Gefangenensammelstelle begonnen, die Betroffene wurde um 16.37 Uhr im Dokumentationssystem erfasst. Dabei wurde von ihr auch ein Lichtbild gefertigt, womit sie nicht einverstanden war. Um 16.45 Uhr traf der Castortransport am Bahnhof Dannenberg ein. Gegen 17.45 Uhr erhielt die Betroffene Gelegenheit zu einem Telefonat, gegen 17.54 Uhr wurde sie in eine Zelle eingeliefert. Der für die Gewahrsamszelle berechnete Platzbedarf von 3,5 qm pro Person wurde zu keiner Zeit unterschritten. Verpflegung stand in Form von Speisen und Getränken in der Gefangenensammelstelle zur Verfügung. Die Betroffene konnte sich mit mitgebrachtem Proviant (Klappbrot) verpflegen. Um 19.30 Uhr ging ein von ihr gestellter Antrag auf richterliche Überprüfung der Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung beim Amtsgericht Dannenberg ein. Gegen 20.40 Uhr wurde die Betroffene von Polizeikräften angehört, gegen 22. 07 Uhr fand ein Gespräch mit einer Rechtsanwältin und einer Pastorin statt, anschließend wurde die Betroffene beim Amtsgericht Dannenberg von 22. 45 Uhr bis 22.55 Uhr beim Amtsgericht Dannenberg vorgeführt und von dem Amtsrichter angehört. Der Amtsrichter beschloss die unverzügliche Freilassung der Betroffenen mit der Begründung, der Grund für die Ingewahrsamnahme sei inzwischen weggefallen (BI. 34 d.A.).

Auf ihr als sofortige Beschwerde bezeichnetes Rechtsmittel hiergegen hat das Landgericht die Sache mit Verfügung vom 6.1.2003 zur erstinstanzlichen Entscheidung an das Amtsgericht zurückgegeben (BI. 46 f. d.A.). Im amtsgerichtlichen Verfahren hat die Betroffene mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 28.7.2004 (BI. 92 d.A.) ergänzend beantragt, festzustellen, dass die Behandlung während des Gewahrsams, insbesondere das stundenlange Fesseln, rechtswidrig war.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Betroffenen auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung sowie der Art und Weise der Unterbringung während der Vollziehung derselben mit Beschluss vom 23.3.2004 als unbegründet und den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anlegung einer Handfessel als unzulässig zurückgewiesen. Gegen diesen der Verfahrensbevollmächtigten am 15. April 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die Betroffene mit ihrer sofortigen Beschwerde, beim Amtsgericht Dannenberg eingegangen am 26.4.2005. Zur Begründung vertritt sie im Wesentlichen die Ansicht, die Gewahrsamnahme sei bereits mangels Nennung der Rechtsgrundlage von Anfang an rechtswidrig gewesen. Spätestens mit Ankunft des Castortransportes am Bahnhof Dannenberg sei jedoch der Grund der Gewahrsamnahme weggefallen, da ab diesem Zeitpunkt schienenbezogene Gefahren nicht mehr zu erwarten gewesen seien. Zudem sei gegen das Gebot der unverzüglichen Richtervorführung verstoßen worden. Ferner richtet sie sich gegen die Art und Weise des Gewahrsamsvollzugs, insbesondere die Unterbringungsbedingungen in der Gewahrsamszelle und mangelnde Verpflegung sowie gegen die Fesselung und den Zwang, sich nackt auszuziehen. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten vom 10.5.2005 (BI. 126 ff d.A.) verwiesen.

Der Betroffenen wurde in der Beschwerdeinstanz über ihre Verfahrensbevollmächtigte erneut Gelegenheit zur persönlichen Anhörung gegeben (BI. 139 Rs. d.A.). Die Betroffene hat auf erneute Anhörung in der Beschwerdeinstanz verzichtet (BI. 140 d.A.).

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch nur zum Teil begründet.

1. Die Freiheitsentziehung war dem Grunde sowie der allgemeinen Art und Weise nach bis 16.45 Uhr rechtmäßig.

Die Voraussetzungen für die Ingewahrsamnahme lagen nach dem zum Vorfallszeitpunkt geltenden Recht gem. § 18 Abs. 1 Nrn. 2 a) und b) NGefAG vor.

a)

Die angegriffene Maßnahme ist nach Gefahrenabwehrrecht und nicht etwa nach den Regeln der Strafprozessordnung zu beurteilen, weil die Polizei die Freiheitsentziehung nach Gefahrenabwehrrecht betrieben hat und die Ingewahrsamnahme darüber hinaus erkennbar von Anfang an dem Schwerpunkte nach der Gefahrenabwehr diente.

Die eingesetzten Polizeibeamten hatten den Auftrag, den Wald nach weiteren potentiellen Störern zu durchsuchen und weitere Störungen des Castortransportes insbesondere durch Anketteaktionen zu verhindern. Dies ergibt sich für den Polizeieinsatz im Rahmen des Castortransportes bereits aus dem allgemeinen Auftrag, die Durchführung des Transportes zu sichern, hier überdies aber auch noch einmal ausdrücklich aus der schriftlichen Stellungnahme des Zeugen Weise (BI. 70 d.A.), nach der die Polizisten zielgerichtet nach potentiellen Störern zur Verhinderung weiterer Anketteaktionen gesucht hatte.

Die Auffindesituation der Betroffenen ließ ohne weiteres den Schluss zu, dass sich diese wie die übrigen im Wald angetroffenen Personen an Anketteaktionen auf der Schiene beteiligen oder diese unterstützen wollten.

Damit sind die Polizisten mit der Gewahrsamnahme der Betroffenen im wesentlichen zur Abwehr bevorstehender Gefahren tätig geworden. In dem vor Ort ausgefüllten Begleitschein wie auch dem Sofortbericht des PM Weise (Bl. 6,7 d.A.) wurde die Maßnahme auch ausdrücklich als Gewahrsamnahme bezeichnet. Soweit darüber hinaus in dem erst in der Gefangenensammelstelle ausgefüllten Datenerfassungsbogen zunächst „Festnahme“ angekreuzt worden war, wurde dieses aktenkundig in Gewahrsamnahme geändert. Auf dieser Grundlage kann aufgrund der anderslautenden Sofortberichte davon ausgegangen werden, dass es sich bei der ursprünglichen Ausfüllung um ein Versehen handelte und tatsächlich vor Ort die Gewahrsamnahme der Betroffenen nach Polizeirecht verfügt worden war.

Von der insoweit beantworteten Frage nach der objektiv erkennbaren Rechtsnatur der Maßnahme zu trennen ist die Frage, inwieweit die zunächst unterbliebene Benennung des § 18 NGefAG als Rechtsgrundlage der lngewahrsamnahme Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung hat. Da nicht festgestellt werden konnte, dass der Betroffenen vor Ort bereits die Normen des NGefAG als Rechtsgrundlage mitgeteilt und sie über die ihr insoweit zustehenden Rechtsbehelfe belehrt worden war, war zugunsten der Betroffenen davon auszugehen, dass eine derartige Belehrung unter Benennung der Rechtsgrundlage der Freiheitsentziehung erstmals in der Gefangenensammelstelle stattgefunden hat.

Dies stellt einen Verstoß gegen die in § 20 NGefAG statuierte Pflicht dar, der festgehaltenen Person unverzüglich den Grund ihres Festhaltens bekannt zu geben und sie über die ihr zustehenden Rechtsbehelfe zu belehren.

Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine Tatbestandsvoraussetzung der Ingewahrsamnahme, sondern vielmehr um Begründungszwänge, die die Rechtmäßigkeit der Gewahrsamnahme zunächst nicht berühren, sondern allenfalls für Haftungsfragen und die Zulässigkeit des nachfolgenden Rechtsschutzes von Bedeutung sind. Die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung als solche wird hingegen durch eine unterbliebene Begründung und Rechtsmittelbelehrung gegenüber dem Betroffenen nicht berührt (zur gleichlautenden Bestimmung der Nachfolgeregelung gem. § 20 Nds. SOG vgl. Böhrenz/Unger/Siefken, Nds. SOG, § 20 Rn.1).

Das ursprüngliche Begründungsdefizit wurde hier durch Nachholung der entsprechenden Belehrung spätestens im Zuge der Anhörung in der Gefangenensammelstelle um 20.40 Uhr gem. §§ 1 NVwVfG i.V.m. §§ 39, 45 1 VwVfG geheilt. Hierin ist nicht etwa ein unzulässiges Austauschen der Ermächtigungsgrundlage zu sehen, sondern vielmehr eine bis ins Gerichtsverfahren im Verwaltungsrecht grundsätzlich zulässige Nachholung der Begründung mit der Folge der Heilung des ursprünglichen Begründungsmangels. Aus dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit und hieraus resultierenden Nachprüfbarkeit der Entscheidungen ist es der Polizei verwehrt, den zu ihrem Einschreiten angenommenen Sachverhalt im Nachhinein auszutauschen. Die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes ist zu den zum Einsatzzeitpunkt geltenden Bedingungen und Erkenntnissen zu beurteilen. Dem steht aber nicht entgegen, die richtigerweise angenommenen Voraussetzungen und Rechtsfolgen erst zu einem späteren Zeitpunkt mitzuteilen.

Eine solche Situation liegt hier vor: Die Polizei hat die erkannten Sachverhaltsfeststellungen nicht etwa im Nachhinein verändert oder ausgetauscht. Grundlage der lngewahrsamnahme war vielmehr von Anfang an die auf die Auffindesituation gestützte Annahme, die Betroffene wurde sich — aus damaliger Sicht in nächster Zukunft an Ankettaktionen auf der Schiene beteiligen. Das Festhalten wurde dementsprechend von Anfang an als Gewahrsamnahme betrieben; lediglich die entsprechende Begründung mit Rechtsmittelehrung erfolgte zu einem späteren Zeitpunkt.

Darüber hinaus hatte die Betroffene auch bereits um 19.30 Uhr bei Gericht einen Antrag auf Überprüfung der Voraussetzungen des Polizeigewahrsams gestellt, so dass ihr spätestens zu diesem Zeitpunkt zur Kenntnis gelangt sein muss, dass sie in polizeilichen Gewahrsam genommen und nicht etwa nach den Regeln der Strafprozessordnung festgenommen worden war.

b)

Die lngewahrsamnahme war dem Grunde nach rechtmäßig.

Die von der Polizei vor Ort getroffene Gefahrenprognose i.S.d. § 18 NGefAG ist nicht zu beanstanden. Die Auffindesituation der Gruppe im Wald, nahe den Bahngleisen sowie in unmittelbarer Nähe zu einer vorangegangenen Ankettaktion auf den Schienen, ferner die in unmittelbarer Umgebung der Personen aufgefundene Metallhülse sowie die zeitliche Nähe zur bevorstehenden Durchfahrt des Castorzuges am Bahnhof Leitstade legten den Schluss nahe, dass sich die Gruppe oder einzelne aus ihr in allernächster Zeit an die Bahngleise anketten oder anderweitige Ankettaktionen unterstützen wollten. Durch die Verwirklichung dieser Handlungen wären Straftaten wegen Störung öffentlicher Betriebe und Sachbeschädigung gem. §§ 316 b, 303 StGB, ferner Ordnungswidrigkeiten durch unbefugtes Betreten von Bahnanlagen gem. § 64 b Abs. II Nr. 1 EBO i.V.m. 28 1 Nr. 6 und II AEG in eigener Täterschaft begangen bzw. Beihilfe zu solchen Taten geleistet worden.

Zwar stellt nicht jede Ordnungswidrigkeit per se eine zur Ingewahrsamnahme berechtigende Gefahr für die Allgemeinheit gem. § 18 NGefAG dar. Bereits das unbefugte Betreten der Gleisanlage im Rahmen eines Castortransportes wenige Stunden vor dem erwarteten Herannahen des Zuges, erst recht das Anketten an die Schienen erfüllt diese Voraussetzung jedoch ohne weiteres.

Die Vorschrift des § 64 b EBO dient dem Ziel, den Schienenverkehr vor Eingriffen von außen zu schützen. Bereits eine Beeinträchtigung des normalen, d.h. nicht castorbedingten Schienenverkehrs bringt aufgrund der eingeschränkten Lenkungs- und Bremsmöglichkeiten der Schienenfahrzeuges erhebliche, im Zeitpunkt des Eintreffens des Schienenfahrzeuges an der Störungsstelle ggf. nicht mehr kontrollierbare Gefahren für Leib und Leben der am Orte sowie in dessen näherer Umgebung sich aufhaltende Personen mit sich.

Diese grundsätzliche Gefahrenlage ist im Falle des radioaktiven Gefahrguttransportes noch um ein Vielfaches erhöht. Hierbei ist vor allem in der unmittelbaren Umgebung des Zuges eine Vielzahl von Polizisten eingesetzt, die vor Unfällen zu schützen sind. Auch wenn üblicherweise im Rahmen der Castortransporte auf Sicht gefahren wird, können Unfälle aufgrund nicht rechtzeitige erkannter Schienenblockaden letztlich doch nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Nicht zuletzt dient die Verhinderung von Gleisankettungen daher letztlich auch dem Schutz der Betroffenen selber.

Aber auch ungeachtet möglicher Unfälle gebietet es die besondere Gefährlichkeit des transportierten Gutes daraus, jedwede Verzögerung und jedes nicht planmäßige Anhalten des Zuges zu verhindern, weil insbesondere jeder nicht planmäßige Halt die Gefahr rechtswidriger Übergriffe auf den Transport und damit die Gefahr der Entstehung nicht mehr hinreichend durch die Polizeikräfte kontrollierbarer Lagen begründet. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass seitens der Polizei nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich immer alle Demonstranten sowie weiteren Anwesenden verständig verhalten. Hiergegen spricht bereits, dass es bei den verschiedenen Castortransporten in der Vergangenheit immer wieder zu Beschädigungen der Schienen und der Straßentransportstrecke gekommen ist. Da aber das Verhalten möglicher Störer sowie gegebenenfalls entstehende eigendynamische Prozesse nicht von vornherein hineichend kalkulierbar sind, gebietet es der Schutz der Allgemeinheit, möglichen Beeinträchtigungen des Transportes bereits im Vorfeld möglicher Übergriffe effektiv zu begegnen.

Darüber hinaus wäre es im Falle einer erfolgreichen Ankettung voraussichtlich auch zu erheblichen Sachbeschädigungen gekommen, weil die Ankettevorrichtungen der Castorgegner erfahrungsgemäß mit Verschlussmechanismen ausgerüstet sind, die eine Lösung vor Ort unmöglich machen, so dass zur erforderlichen Trennung der Täter von den Gleisen regelmäßig, wie auch hier nur kurze Zeit vor Antreffen der Betroffenen, eine Heraustrennung und damit Beschädigung des Gleiskörpers erforderlich ist. Durch eine erfolgreiche Ankettung, die zu befürchten stand, wären daher voraussichtlich die Straftatbestand des § 316 b StGB verwirklicht worden, so dass die lngewahrsamnahme ungeachtet der Gefährlichkeit der zu befürchtenden Ordnungswidrigkeiten auch wegen des Verdachts der Begehung von Straftaten gem. § 18 Abs. 1 Nr. 2 a NGefAG gerechtfertigt war.

Da die Durchfahrt des Transportzuges zum Zeitpunkt des Aufgreifens des Betroffenen gegen 11.33 Uhr bereits unmittelbar bevorstand nach Angaben der damaligen Bezirksregierung Lüneburg passierte der Zug Lüneburg um 12.48 Uhr (BI. 67, 82 d.A.) stand die Gefahr der Begehung der oben geschilderten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ebenfalls unmittelbar bevor.

Zur Abwendung dieser Gefahr war die Ingewahrsamnahme der Betroffenen unerlässlich. Mildere, gleichsam effektive Mittel standen den Polizisten nicht zur Verfügung. Insbesondere hätte ein einfacher Platzverweis insoweit nicht ausgereicht, da nach den Erfahrungen der Castortransporte in der Vergangenheit derartige Platzverweise in der Regel nicht befolgt werden, wie sich u. a. aus der Stellungnahme der Bezirksregierung vom 9.8.2004 (Bl. 33 d A) ergibt. Insbesondere angesichts der zeitlichen Nähe zur Durchfahrt des Zuges konnte die Polizei die Gefahr eines erneuten Annäherns an die Schienen in er konkreten Situation auch nicht hinnehmen.

Der Polizei war auch nicht der Rückgriff auf § 18 NGefAG wegen Vorranges des Versammlungsrechts verwehrt. Einer versammlungsrechtlichen Auflosungsverfügung gem. § 15 VersG bedurfte es in der konkreten Situation nicht. Bei den sich im Wald versteckt haltenden Personen handelte es sich nicht um eine geschützte Versammlung, weil es ihnen jedenfalls zu diesem Zeitpunkt an dem erkennbaren Zweck der kollektiven Meinungsbildung- und Äußerung fehlte. Nach den Angaben des vor Ort einschreitenden Polizeibeamten Weise (BI. 7, 70 d.A) lagen die Personen flach auf dem Boden. Aus diesem Verhalten ist bei objektiver Betrachtungsweise zu schließen, dass sie sich dort zur Durchführung ihrer weiteren Pläne verborgen hielten. Damit ist aber das wesentliche Merkmal der öffentlichen kollektiven Meinungskundgabe gerade nicht erfüllt, zumal bei Antreffen der Polizisten drei der Personen ohnehin die Flucht ergriffen hatten. Dem steht auch nicht entgegen, dass eine erfolgreiche Ankettung mehrerer Personen auf den Schienen nach der Kammerrechtsprechung als Versammlung zu qualifizieren und daher zunächst aufzulösen gewesen wäre. Denn in diesem Fall hätten die Anwesenden Personen durch ihre körperliche Anwesenheit konkludent und öffentlich wahrnehmbar ihre Meinung zur Durchführung des Castortransportes zum Ausdruck gebracht. Gerade dieses Kundgabeelement fehlte der im Wald verborgenen Personengruppe aber.

c) Die Gewahrsamnahme war der Dauer nach bis 16.45 Uhr rechtmäßig.

Die von der Betroffenen ausgehende Gefahr der Behinderung des Castortransportes auf den Schienen bestand bis zum sicheren Eintreffen des Castortransportes am Bahnhof Dannenberg fort. Zwar wäre es bei normalem Zugverlauf der Betroffenen bereits nach Durchfahrt des Zuges am Bahnhof Leitstade kaum mehr möglich gewesen, diesen noch zu überholen und zu behindern. Aus der hier maßgeblichen ex-ante Betrachtung konnte aber der weitere Zugverlauf nicht mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden, da der Polizei nicht bekannt sein konnte, zu welchen Verzögerungen es im Folgenden noch kommen würde. Insoweit musste vielmehr nach den bisherigen Erkenntnissen des Einsatztages damit gerechnet werden, dass es zu weiteren Blockadeaktionen auf den Schienen kommen würde und der Zug daher im weiteren Verlauf wiederum zum außerplanmäßigen Halten gezwungen würde. Da die Auffindesituation der Betroffenen den dringenden Verdacht begründete, dass sie sich an die Schienen ketten bzw. hierzu Hilfe leisten und den Castorzug damit aufhalten wollte, war zu befürchten, dass sie dieses offensichtlich sorgsam vorbereitete Ziel im Falle einer sich ihr bietenden Möglichkeit weiter verfolgen und im weiteren Zugverlauf doch noch realisieren würde. Bis 16.45 Uhr lag auch kein zur Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung führender Verstoß gegen das Gebot der unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung gem. Art. 104 Abs. 2 GG i.V.m. § 19 NGefAG vor.

Eine vorherige richterliche Entscheidung, die gem. Art. 104 Abs. 2 GG grundsätzlich bei jeder Freiheitsentziehung erforderlich ist, war in der konkreten Einsatzsituation nicht möglich. Das Auffinden der Betroffenen im Wald war nicht dergestalt vorhersehbar, dass vor der Festnahme des Betroffenen bereits eine richterliche Entscheidung hätte ergehen können. Nach dem Antreffen der Betroffenen war deren Freiheitsentziehung zur Gefahrenabwehr unerlässlich. Auf eine richterliche Entscheidung konnte nicht gewartet werden, da ansonsten der verfassungsrechtlich zulässige Zweck der Verhinderung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit nicht hätte erreicht werden können. Die vorherige richterliche Entscheidung war daher gem. Art. 104 Abs. 2 S. 2 GG entbehrlich.

Die richterliche Entscheidung war vielmehr unverzüglich gem. Art. 104 Abs. 2 GG i.V.m. § 19 NGefAG nachzuholen. Der Begriff der Unverzüglichkeit ist dergestalt auszulegen, dass sich die Vorführung sich nicht aus sachlich nicht gerechtfertigten Gründen verzögem darf (BVerwGE 45, 51). Nicht vermeidbar in diesem Sinne sind Verzögerungen, die durch die notwendige Registrierung und Protokollierung sowie die Länge des Weges oder vergleichbare Umstände bedingt sind (BVerfG, Beschl. v. 15.5.2002- 2BvR 2292/00-, NJW 1002, 3161 ff.).

Die bis zur Ankunft des Betroffenen und Aufnahme in das dortige Datenerfassungssystem erfolgte Transport inklusive der Datenerfassung und Durchsuchung war zur Herbeiführung der richterlichen Entscheidung unvermeidbar.

Selbst unter Berücksichtigung der zumindest teilweise vorhersehbaren Polizeieinsätze im Rahmen einer Massenveranstaltung wie dem Castortransport ist die Hinzuziehung der zuständigen Richter zu den verschiedenen Einsatzorten praktisch in keiner Weise zu realisieren, vielmehr müssen die Betroffenen zunächst zum Gericht bzw. der an er Gefangenensammelstelle Neu Tramm eingerichteten Außenstelle des Gerichts verbracht werden. Hierzu ist eine durchgehende Dokumentation wegen des Zusammenspiels der verschiedenen Polizeieinheiten unerlässlich. Zur Eigensicherung der eingesetzten Polizisten war auch die wiederholte Durchsuchung der Betroffenen unerlässlich. Da jede Einheit für ihre eigene Sicherheit Sorge zu tragen hat, muss sie auch in der Lage sein, die Sicherheit durch Durchsuchungen der festgehaltenen Personen zu gewährleisten. Die hierdurch erfolgenden Wiederholungen sind zwar ohne Zweifel für die Betroffenen lästig und führen zu zeitlichen Verzögerungen im Transportverlauf, die aber im Rahmen des Masseneinsatzes beim Castortransport gerade wegen des ohnehin schwierigen Zusammenspiels verschiedenster Polizeieinheiten nicht vermeidbar sind.

Mit der Vorführung vor dem Amtsgericht Dannenberg wurde auch nicht gegen das Gebot des gesetzlichen Richters verstoßen. Das Amtsgericht Dannenberg war für die Entscheidung während der noch andauernden Freiheitsentziehung zuständig. Gem. § 19 Abs. 3 S. 1 NGefAG ist für die Entscheidungen während noch andauernder Freiheitsentziehungen das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Betroffene festgehalten wird. Die nachträgliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer beendeten Freiheitsentziehung ist demgegenüber gem. § 19 Abs. 3 S. 2 NGefAG dem Amtsgericht zugewiesen, in dessen Bezirk die Ingewahrsamnahme erfolgt ist. Wie sich aus der Mitteilung der Beteiligten vom 20.4.2006 sowie der beigefügten Skizze ergibt, lagen hier beide Orte im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Dannenberg, so dass bereits aus diesem Grunde in der Verbringung der Betroffenen zum Amtsgericht Dannenberg kein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter festzustellen ist. Entgegen der Rechtsansicht der Verfahrensbevollmächtigten vermag die Kammer in der differenzierten Zuständigkeitsregelung für noch andauernde Ingewahrsamnahmen einerseits und beendete Freiheitsentziehungen andererseits aber auch keinen Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters zu erkennen. Die unterschiedlichen Zuständigkeiten sind vielmehr aus der besonderen Eilbedürftigkeit der richterlichen Entscheidung bei noch andauernden Freiheitsentziehungen vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass im Rahmen von Gewahrsamnahmen der erste Zugriffsort und der Ort des anschließenden Festhaltens auf der Dienstelle oder in eingerichteten Gewahrsamszentren regelmäßig auseinanderfallen und das Gericht im Bezirk des Festhaltens als das zum Zeitpunkt der möglichen richterlichen Entscheidung örtlich Näherliegende schneller zu erreichen ist. Die differenzierte Zuständigkeitsregelung trägt damit dem Recht auf effektivem Rechtsschutz sowie dem Richtervorbehalt bei Freiheitsentziehungen gem. Art. 104 GG in besonderer Weise Rechnung. Daraus ergibt sich nicht, dass die Polizei durch willkürliche Verbringung der Betroffenen zu einem weit entfernten Gewahrsamsort die Zuständigkeit nach Belieben manipulieren könnte, denn unter Berücksichtigung des Gebotes der unverzüglichen Richtervorführung muss jede Maßnahme bis zur Vorführung des Betroffenen vor Gericht, mithin auch ein etwaiger Transport, aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein, was in jedem Einzelfall von den Gerichten zu prüfen ist. Abgesehen von dem Umstand, dass in dem hier vorliegenden Fall ohnehin das Amtsgericht Dannenberg für beide Entscheidungen örtlich zuständig war, entsprach die Verbringung der Betroffenen zum Amtsgericht aber auch diesen Kriterien, weil die eigens für den Castortransport eingerichtete Außenstelle des Amtsgerichts in Neu Tramm näher am Ergreifungsort der Betroffenen lag als das Amtsgericht Lüneburg. Selbst wenn die Betroffene daher zunächst im Bereich Leitstade im Landgerichtsbezirk Lüneburg angetroffen und in Gewahrsam genommen worden wäre, wäre die Erstentscheidung durch das Amtsgericht Dannenberg auf Grundlage der Zuständigkeitsregelung des § 19 Abs. 3 S. 1 NGefAG nicht zu beanstanden gewesen. Denn da Dannenberg näher an Leitstade liegt als Lüneburg, war die Abarbeitung der Betroffenen im Bezirk des Landkreises Dannenberg aus sachlichen Gründen gerechtfertigt, zumal die Gefangenensammelstelle mit der Außenstelle des Amtsgerichts in Neu Tramm für die Abarbeitung der Gewahrsamnahmen eigens eingerichtet und besonders ausgerüstet war. In diesem Fall wäre zwar das Amtsgericht Dannenberg für die nachträgliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der beendeten lngewahrsamnahme gem. § 19 Abs. 3 S. 2 NGefAG unzuständig gewesen. Die Entscheidung der Beschwerdekammer wäre aber auch in diesem Fall nicht anders ausgefallen, weil eine Zurückverweisung zur Abgabe an das dann zuständige Amtsgericht Lüneburg aus Sicht der Kammer bereits angesichts der langen Verfahrensdauer nicht gerechtfertigt gewesen wäre. Die Kammer hätte vielmehr auch in diesem Fall in der Sache entscheiden können und entschieden. Im Falle der Entscheidung eines örtlich unzuständigen Amtsgerichts kann nämlich im Verfahren vor der Freiwilligen Gerichtsbarkeit das Beschwerdegericht als zweite Tatsacheninstanz die Entscheidung treffen, wenn auch das an sich zuständige Amtsgericht seinem Bezirk zugehört (vgl. hierzu Keidel/ Kuntze/ Winkler, FGG,15. Aufl., § 7 Rn. 37 m.w.N.), was hier der Fall war.

Waren die von der Polizei durchgeführten Maßnahmen aber erforderlich, könnte insoweit ein Verstoß gegen das Gebot der unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung nur dann vorliegen, wenn diese Maßnahmen den in Anspruch genommenen Zeitraum nicht rechtfertigen würden. Dies ist aber nicht der Fall.

Der mit dem Transport zur Gefangenensammelstelle aus sachlich gerechtfertigten Gründen von der Polizei in Anspruch genommene Zeitraum von 4 1/4 Stunden ab Antreffen der Betroffenen erscheint bei oberflächlicher Betrachtung zwar als lang, ist hier aber mit der im Rahmen des Großeinsatzes erforderlichen Maßnahmen unter Zusammenarbeit der verschiedenen Polizeieinheit zu rechtfertigen.

Dabei ist grundsätzlich schon zu berücksichtigen, dass bereits die erforderlichen Gespräche zwischen den Polizeieinheiten bei Übergabe der Personen zur Erläuterung des Sachstandes jeweils einen gewissen Zeitraum in Anspruch nehmen.

Die vor Ort ergriffenen Maßnahmen wie Identitätsfeststellung, Durchsuchung und Erstellung der Sofortberichte für die im Wald angetroffenen Personen waren erforderlich. Der hierfür inklusive der Verbringung der gefesselten Personen zum Bahnhof Leitstade sowie der Übergabe an die dortigen Transportkräfte bis zum Beginn der Abfertigung durch das Transportkommando um 13.59 Uhr benötigte Zeitraum von rund 2 1/2 Stunden lässt sich mit diesen Maßnahmen rechtfertigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bereits die ersten Maßnahmen vor Ort aufwändig waren, da zum einen geflohene Personen verfolgt werden mussten, zum anderen die gegenüber den ergriffenen und verbliebenen Personen 4 Personen erforderlichen Maßnahmen wie Feststellung der Personalien, Durchsuchung der Personen und Absuche der Umgebung, Fesselung und Verbringung der gefesselten Personen zum Bahnhof Leitstade einige Zeit in Anspruch nehmen mussten. Dass die Übergabe der Gruppe am Bahnhof Leitstade ebenfalls einige Zeit in Anspruch nehmen musste, ergibt sich bereits daraus, dass nahezu zeitgleich weitere 17 Personen dort übergeben wurden, die ebenfalls abzuarbeiten waren. Da das konkrete Einsatzgeschehen im Nachhinein nicht mehr zutreffend rekonstruiert werden kann, ist aus nachträglicher Sicht Zurückhaltung mit dem Vorwurf geboten, die eingesetzten Polizisten hätten vor Ort ihre Arbeit schneller erledigen können. Zudem ist zu berücksichtigen, dass während des Geschehens auch noch der Castortransport am Bahnhof Leitstade durchfuhr. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände erscheint der bis zur Übergabe der Betroffenen an die Transportkräfte benötigte Zeitraum nicht als so lang, dass insoweit ein Verstoß gegen das Gebot der Unverzüglichkeit in Betracht zu ziehen ist. Anhaltspunkte dafür, dass es insoweit zu vermeidbaren Verzögerungen gekommen wäre, bestehen nicht. Einer noch weitergehenden Analyse der zeitlichen Abläufe bedurfte es daher aus Sicht der Kammer im vorliegenden Fall nicht.

Die von den Transportkräften benötigte Zeit für die Abarbeitung der 21 Personen von 1 Stunde ist ebenfalls nicht so lang, dass an der kontinuierlichen Bearbeitung der Gruppenmitglieder durch die Polizei Zweifel aufkommen könnten. Auch die benötigte Fahrzeit des Konvois von knapp einer Stunde gibt keinen Anlass zur Beanstandung. Bei Ankunft in der Gefangenensammelstelle wurde bis zur Aufnahme der Betroffenen wiederum knapp eine Stunde benötigt, die sich mit der Größe der aufzunehmenden Gruppe von 21 Personen ohne weiteres rechtfertigen lässt.

Sowohl hinsichtlich der vorgenommenen Einzelmaßnahmen als auch in der Gesamtbetrachtung erscheint die bis zur Aufnahme in die Gefangenensammelstelle benötigte Zeit nicht als so lang, dass hieraus bereits ein Verstoß gegen das Gebot der unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung abzuleiten wäre.

Da für die Zuordnung der Betroffenen in der Gefangenensammelstelle wie auch für die richterliche Vorführung nicht gänzlich auf Datenerfassung verzichtet werden kann, war eine Vorführung des Betroffenen in dem konkreten Einsatzgeschehen frühestens ab Aufnahme in das Datenerfassungssystem um 16.37 Uhr möglich.

2.

Ob mit dem weiteren Festhalten der Betroffenen in der Gefangenensammelstelle gegen das Gebot der unverzüglichen Vorführung verstoßen wurde, kann indessen dahinstehen, weil die Aufrechterhaltung des Gewahrsams ab 16.45 Uhr bereits dem Grunde nach nicht mehr gerechtfertigt war und bis zu diesem Zeitpunkt eine richterliche Entscheidung ohnehin nicht mehr hätte erfolgen können.

Nachdem um 16.45 Uhr der Zug den Bahnhof Dannenberg erreicht hatte, waren schienenbezogene Gefahren, auf die die Gewahrsamnahme zunächst gestützt wurde, nicht mehr zu erwarten. Der Grund der Gewahrsamnahme, der zunächst in der Verhinderung einer Gleisaflkettung bei Leitstade lag, war weggefallen, so dass die Betroffene gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 NGefAG zu diesem Zeitpunkt hätte entlassen werden müssen.

Der Gewahrsam durfte nicht unter Hinweis auf zu erwartende weitere Aktionen der Betroffenen auf der Straße aufrechterhalten werden. Die festgestellte Sachlage rechtfertigte nicht den Verdacht, dass neue Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit durch die Betroffene unmittelbar bevorstanden. Nach den festgestellten Umständen bestanden bereits keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Betroffene noch an weiteren Aktionen auf der Straße beteiligen wollte. Allein der allgemeine Erfahrungswert, dass Castorgegner häufig jede sich ihnen bietende Möglichkeit des Protestes wahrnehmen, rechtfertigt nicht den pauschalen Schluss, dass jeder, der an einer Schienenblockade teilnimmt, im Anschluss daran auch in strafbarer oder zumindest ordnungswidriger Weise versuchen wird, sich an Straßenblockaden zu beteiligen (OLG Celle, Beschl. v. 26.9.2005, 22 W 80/05). Für die Betroffene bestanden jedenfalls keinerlei Erkenntnisse, dass sie sich überhaupt an irgendwelchen schienenfernen Aktionen beteiligen wollte. Auch war sie in der Vergangenheit nicht bei derartigen Aktionen angetroffen worden, jedenfalls sind derartige Vorerkenntnisse nicht aktenkundig belegt.

Davon abgesehen standen aber, selbst, wenn man aufgrund der zutage getretenen Bereitschaft der Betroffenen zur Begehung erheblicher Ordnungswidrigkeiten und Straftaten im Rahmen des Castorprotestes von einer Bereitschaft der Betroffenen zu weiterem Protest ausgehen könnte, weitere Straftaten und erhebliche Ordnungswidrigkeiten noch nicht hinreichend erkennbar unmittelbar bevor. Der Straßentransport sollte erst in den frühen Morgenstunden beginnen. Konkrete Aktionen, bei denen der Verdacht einer Teilnahme der Betroffenen bestanden hätte, waren nicht bekannt. Die insoweit angenommene Vermutung, die Betroffene würde sich auf der Straße in irgendeiner Form an weiteren Aktionen beteiligen, ist damit sowohl dem konkreten Inhalte nach als auch des angenommenen Zeitkorridors nach so vage, dass sie eine zur Freiheitsentziehung berechtigende Gefahrenprognose nicht zu tragen vermag. Auf hinreichend konkrete Umstände lässt sie sich im vorliegenden Fall nicht stützen.

Die Fesselung der Betroffenen bis zur Ankunft in der Gefangenensammelstelle war rechtmäßig.

Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Amtsgericht den auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Fesselung gerichteten Antrag der Betroffenen selbst im Falle der angenommenen anderweitigen Rechtswegzuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht als unzulässig hätte zurückweisen dürfen. Vielmehr wäre das Verfahren insoweit nach entsprechendem Hinweis gem. § 17 Abs. 2 GVG an das für zuständig gehaltene Verwaltungsgericht zu verweisen gewesen.

Davon abgesehen war aber der beschrittene Rechtsweg auch zulässig.

In Abweichung zur bisherigen Rechtsprechung der Kammer wie des Oberlandesgerichts Celle ist die Kammer auf Grundlage der neuesten Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 13.12.2005 (2 BvR 447/05) nunmehr der Auffassung, dass die nach § 19 SOG berufenen Gerichte nicht nur die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung als solcher, sondern darüber hinaus nach § 19 NGefAG (bzw. SOG) auch die Prüfung der Rechtmäßigkeit der allgemeinen Behandlung während des Gewahrsams nach § 20 SOG zu überprüfen haben.

Die Kammer nimmt insoweit ausdrücklich Abstand von der bisherigen Rechtsprechung des Landgerichts wie auch des Oberlandesgerichts Celle, nach für die Überprüfung der Art und Weise des Gewahrsamsvollzugs nur ein eingeschränkter Prüfungsmaßstab zur Verfügung stand und eine Überprüfung durch die nach § 19 SOG berufenen Gerichte nur daraufhin erfolgte, ob durch rechtswidrige Begleitmaßnahmen die Freiheitsentziehung insgesamt rechtswidrig wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat in der oben genannten Entscheidung in diesem eingeengten Prüfungsmaßstab einen Verstoß gegen die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gem. Art 19 Abs. 4 GG gesehen und hierzu ausgeführt, die Frage der Anordnung der lngewahrsamnahme und deren Vollzug seien grundsätzlich voneinander zu scheiden (Beschl. v. 13. 12.2005, 2 BvR 447/05, S. 29). Die lnstanzgerichte hätten eine Auseinandersetzung mit der Frage versäumt, ob eine erweiterte Prüfung auch der Art und Weise des Gewahrsamsvollzugs im Rahmen einer weiten Auslegung des § 19 SOG nicht bereits nach dieser Norm möglich oder zumindest im Wege des Sachzusammenhangs zu bejahen sei.

Der Senat hat hierzu folgendes ausgeführt „Der Wortlaut des § 19 Abs. 2 S. 1 NGefAG ist weit formuliert. Er ermöglicht die gerichtliche Feststellung, dass die Freiheitsbeschränkung rechtswidrig gewesen ist. Bedenkt man, dass diese Norm anders als § 19 Abs.1 NGefAG die Beendigung der freiheitsbeschränkenden Maßnahme voraussetzt, so ist die Entscheidungsgrundlage eine breitere. Sie eröffnet schon auf Grund des zeitlichen Ablaufs auch eine Prüfung, ob den §§ 20 f. NGefAG, die die Behandlung der festgehaltenen Personen regeln, Beachtung geschenkt wurde. Selbst, wenn man aber einer solchen weiten Auslegung nicht folgen wollte, Ware zu prüfen, ob nicht im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte kraft Sachzusammenhanges auch für die Überprüfung des Vollzugs des Gewahrsams anzunehmen ist.“

Auf der Grundlage dieser Entscheidung vertritt die Kammer nunmehr die Ansicht, dass die Überprüfung der allgemeinen Gewahrsamsbedingungen bereits von der Zuständigkeitsnorm des § 19 NGefAG erfasst ist, weil diese einen Regelungskomplex mit § 20 NGefAG, der die Behandlung während des Gewahrsams regelt, bildet und der Wortlaut des § 19 NGefAG auch die Überprüfung der allgemeinen Art und Weise des Gewahrsams nicht ausschließt. Bei der Fesselung handelt es sich um einen gegenüber dem allgemeinen Gewahrsamsvollzug selbständigen Zwangsakt, der auf einer eigenständigen Ermächtigungsgrundlage beruht und bereits deswegen einer gesonderten richterlichen Überprüfung sowie einer gesonderten richterlichen Ausspruchs gegenüber den allgemeinen Gewahrsamsbedingungen bedarf.

Die Zuständigkeit für die Überprüfung dieser Maßnahme ist nach Auffassung der Kammer nicht bereits unmittelbar von der gesetzlichen Regelung der §§ 19 ff. NGefAG erfasst, sondern vielmehr aus dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhanges eröffnet. Die §§ 19 ff NGefAG enthalten keine speziellen Regelungen zur Zulässigkeit von Zwangsanwendungen, ihre Zulässigkeit bemisst sich vielmehr nach den jeweiligen speziellen Ermächtigungsgrundlagen. Der durch § 19 NGefAG zugelassene Ausspruch der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung umfasst auch nicht in allen Fallen die Rechtswidrigkeit der Fesselung, denn auch die Fesselung im Rahmen einer an sich rechtmäßigen Gewahrsamnahme kann rechtswidrig sein, weil ihre speziellen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorgelegen haben.

Da die Fesselung hier aber der Durchsetzung des Gewahrsams diente und sich für den Betroffenen insoweit als mit diesem einheitlicher Lebensvorgang darstellte, ist diese Maßnahme im Verfahren nach §§ 19 ff NGefAG aus dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhanges mit zu überprüfen. Denn zum einen ist es dem Betroffenen unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG nicht zuzumuten, für die Überprüfung eines sich ihm einheitlich darstellenden Lebensvorganges verschiedene Rechtswege zu beschreiten. Zum anderen gebietet auch die Sachnähe der mit dem Vorgang ohnehin befassten ordentlichen Gerichte eine einheitliche Prüfung und Bewertung, weil eine gesonderte Überprüfung durch verschiedene Gerichte und Rechtszweige nicht nur unökonomisch wäre, sondern zudem auch die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bestünde. Denn im Rahmen der Überprüfung der Fesselung muss zumindest inzident auch festgestellt werden, dass die zu fesselnde Person festgehalten werden durfte. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Gewahrsams dem Grunde nach ist aber allein den ordentlichen Gerichten nach § 19 NGefAG zugewiesen.

Über diesen Antrag konnte die Beschwerdekammer selbst entscheiden, weil das Amtsgerichts diesen Antrag trotz der angenommenen Unzulässigkeit der Sache nach geprüft hat. Zwar ist im Regelfall der fälschlich angenommenen Unzulässigkeit eines Rechtsschutzbegehrens eine Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung an das Amtsgerichts geboten, weil dem Betroffenen ansonsten eine Instanz genommen würde. Da aber das Amtsgericht in den Entscheidungsgründen Ausführungen zur Begründetheit des Antrages gemacht hat, konnten diese von der Beschwerdekammer überprüft werden. Einer Zurückverweisung bedurfte es in dieser Situation nicht, weil hierdurch keine für die Betroffene günstigere Entscheidung zu erwarten war.

Die Voraussetzungen zur Fesselung der Betroffenen lagen bis zur Ankunft in der Gefangenensammelstelle gem. § 75 Nrn. 1, 2 NGefAG vor. Bei der Betroffenen bestand, auch, wenn sie sich dem Zugriff der Polizisten nicht entzogen haben sollte, jedenfalls Fluchtgefahr, weil zwei der mutmaßlichen Mittäter bereits geflohen waren und insoweit Anhaltspunkte dafür bestanden, dass sich die angetroffenen Personen als Gruppe dem Zugriff der Polizei entziehen würde. Wegen des begründeten Verdachts, dass sich die Betoffene an die Schienen ketten oder zumindest Hilfe hierzu leisten wollte, war zudem die Annahme gerechtfertigt, dass die Betroffene Sachen beschädigen würde, nämlich den Gleiskörper. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse war anzunehmen, dass auch die Betroffene ohne die Fesselung versuchen würde, sich dem Zugriff der Polizei zu entziehen, um ihr Ziel der Gleisankettung doch noch zu erreichen. Angesichts der offensichtlich sorgsamen Vorbereitung dieses Ziels sowie der im Rahmen einer Ankettung in Kauf genommenen Gefahren und Unannehmlichkeiten für die Betroffenen war darauf zu schließen, dass sie dieses Ziel mit Nachdruck verfolgen und jede sich ihr bietende Möglichkeit seiner Realisierung nutzen würde. Diese Gefahren bestanden bis zur sicheren Ankunft der Betroffenen in der Gefangenensammelstelle auch nach Durchfahrt des Castorzuges in Leitstade fort, denn der weitere Zugverlauf war fur die handelnden Beamten aus der ex- ante Sicht nicht hinreichend sicher zu prognostizieren. Darüber hinaus war in der konkreten Situation mit einer Vielzahl von lngewahrsamnahmen eine individuelle Prognose der von den einzelnen Personen ausgehenden Gefahren nur in einem sehr eng begrenzten Umfange möglich. So waren insbesondere auch gruppendynamische Prozesse wie spontane Fluchtversuche einer Vielzahl von Personen sowie während des Transportes erfolgende Beschädigungen der Transportfahrzeuge von den Polizeibeamten nicht konkret vorhersehbar. Insbesondere angesichts des Umstandes, dass der Transport ausweislich der Skizze BI. 87 d.A. in einem Großraumtransporter und nicht etwa in Einzelkabinen mit nur 2 begleitende Beamten erfolgte, war die Gefahr gegenseitiger Einflussnamen der festgehaltenen Personen untereinander nicht anders abwendbar. Mildere, gleichsam effektive Mittel zur Verhinderung dieser Gefahren sind insoweit nicht ersichtlich, so dass die Fesselung auch verhältnismäßig war und die Entscheidung der Polizei, alle festgehaltenen Personen bis zur Ankunft in der Gefangenensammelstelle gefesselt zu lassen, nicht zu beanstanden ist.

4. Auch die Anfertigung des Polaroid- Photos innerhalb der Gefangenensammelstelle ist nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für die Anfertigung des Lichtbildes waren gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 NGefAG gegeben, weil die Identitätsfeststellung zur Gefahrenabwehr gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 NGefAG erforderlich war und eine Zuordnung der in der Gefangenensammelstelle festgehaltenen Personen ohne Lichtbild angesichts der Vielzahl der dort festgehaltenen Personen erheblich erschwert würde.

5. Da die Freiheitsentziehung ab 16.45 Uhr bereits dem Grunde nach rechtswidrig war, erübrigen sich Feststellungen zur aIlgemeinen Art und Weise des nachfolgenden Gewahrsamsvollzugs, der ebenfalls zwangsläufig rechtswidrig war. Eine gesonderte Feststellung der Rechtswidrigkeit der einzelnen Gewahrsamsbedingungen war insoweit nicht zu treffen, weil die Betroffene insoweit kein berechtigtes Interesse an der zusätzlichen Feststellung hat.

Zwar ist die Kammer nach dem oben Ausgeführten nunmehr der Auffassung, dass die nach § 19 SOG berufenen Gerichte nicht nur die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung als solcher, sondern darüber hinaus nach § 19 NGefAG (bzw. SOG) auch die Prüfung der Rechtmäßigkeit der allgemeinen Behandlung während des Gewahrsams nach § 20 SOG zu überprüfen haben.

Dem steht es aber nach Auffassung der Kammer nicht entgegen, die zusätzliche Überprüfung der allgemeinen Art und Weise des Gewahrsamsvollzugs davon abhängig zu machen, dass die Betroffenen an der Feststellung ein berechtigtes Interesse haben.

Die gerichtliche Überprüfung erledigter Verwaltungsmaßnahmen erfordert grundsätzlich ein besonderes Feststellungsinteresse, das sich im Falle der Freiheitsentziehung bereits aus der besonderen Bedeutung des Freiheitsgrundrechtes gem. Art. 104 GG herleitet, die dazu führt, dass jede Freiheitsentziehung der gerichtlichen Überprüfung zugänglich sein muss.

Anderweitige Grundrechtsverletzungen vermögen das besondere Feststellungsinteresse nicht bereits per se zu begründen, weil angesichts des umfassenden Schutzes der Rechtssphäre des Bürgers durch die Freiheitsrechte, insbesondere durch Art. 2 Abs. 1 GG, das eingrenzende Kriterium des berechtigten Interesses praktisch leerliefe. Ein Feststellungsinteresse aufgrund eines Grundrechtsverstoßes kann sich aber ergeben, wenn es sich um besonders tiefgreifende und folgenschwere Grundrechtsverstöße handelt (VG Lüneburg, Urteil v. 30.3.2004, 3 A 116/02-Juris).

Anders als bei den unter Richtervorbehalt stehenden Grundrechten ergibt sich dieses aus Sicht der Kammer nicht bereits aus der Behauptung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Polizeimaßnahme als solcher, sondern muss darüber hinaus in qualifizierter Weise feststellbar sein Im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten nach § 19 ff NGefAG ergibt sich das Feststellungsinteresse wegen der Verletzung des Freiheitsgrundrechtes bereits aus Art. 104 GG. Diese Vorschriften enthalten aber darüber hinaus keine Regelungen zum Feststellungsinteresse anderweitiger Grundrechtsverletzungen. Dieses Interesse ist aus Sicht der Kammer nicht ohne weiteres von dem in §§ 19 ff NGefAG vorausgesetzten Feststellungsinteresse erfasst. Denn der Ausspruch der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung als solcher, der durch § 19 NGefAG zugelassen wird, entspricht nicht in jedem Fall dem tatsächlichen Begehren der Betroffenen, die sich gegen die Rechtswidrigkeit polizeilicher Maßnahmen wendet.

Dem Rehabilitationsinteresse der Betroffenen wegen der Verletzung der grundrechtlich geschützten Freiheit seiner Person ist mit dem Ausspruch der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung Genüge getan, ohne, dass es zunächst auf die Gründe der Rechtswidrigkeit ankommt. Ist die Freiheitsentziehung bereits aus einem Grund rechtswidrig, kommt es auf die Frage, ob zusätzlich auch noch weitere Umstände zur Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung führen, grundsätzlich nicht mehr an, sofern die hierdurch gegebene Belastung der Betroffenen nicht über die Verletzung ihrer persönlichen Freiheit hinausgeht. Andererseits können auch die Begleitumstände einer dem Grunde nach rechtmäßigen Freiheitsentziehung derart stark in Grundrechte eines Betroffenen eingreifen, dass der erforderliche Grundrechtsschutz es gebietet, trotz der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung die Rechtswidrigkeit einzelner Maßnahmen festzustellen Darüber hinaus sind Konstellationen denkbar, in denen trotz der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung als solcher durch die Behandlung während des Gewahrsams über die Freiheitsentziehung hinaus in weitere Grundrechte des Betroffenen derart tiefgreifend eingegriffen wurde, dass dem Rehabilitationsinteresse nicht allein durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung genüge getan ist, weil diese nicht die Feststellung der Verletzung anderer Grundrechte umfasst.

Sofern ein Betroffener in einem solchen Fall aufgrund der Behandlung während des Gewahrsams einen über die Freiheitsentziehung hinausgehenden Eingriff. in anderweitige Grundrechte rügt, muss er aus Sicht der Kammer an der zusätzlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Begleitumstände ein besonderes Interesse geltend machen.

Über die Freiheitsentziehung hinausgehende tiefgreifende Grundrechtsverletzungen der Betroffenen sind auch unter Berücksichtigung des Vortrages der Betroffenen nicht erkennbar. Die durch § 20 SOG geforderten Voraussetzungen, die durch die Polizeigewahrsamsordnung näher konkretisiert werden, wurden eingehalten, die Grundversorgung in der Gefangenensammelstelle war nach der Stellungnahme des POR Lehne vom 17.6.04 (BI. 77 ff d.A.) gewährleistet. Die von der Betroffenen geschilderten Umstände, insbesondere die Überheizung der Zelle sowie die zeitweise unterbliebene Verpflegung stellen Unannehmlichkeiten dar, die mit der (rechtswidrigen) Freiheitsentziehung einhergingen, die Grundrechte der Betroffenen aber über die Verletzung des Freiheitsgrundrechtes hinaus nicht in tiefgreifender Weise tangieren. Insoweit kommt über die Verletzung der Freiheit ihrer Person hinausgehend vor allem eine Verletzung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit in Betracht, die aber nach den Schilderungen der Betroffenen in keiner Weise erreicht wird. Für die Kammer ist nicht ersichtlich, dass die Betroffene durch die behauptete Überheizung der Zelle tiefgreifend in ihrer körperlichen Integrität berührt wurde.

Gleiches gilt für die gerügte mangelnde Verpflegung. Dass die von der Polizeigewahrsamsordnung verlangte durchgängige Verpflegung nicht an jedem polizeilichen Einsatzort zu gewährleisten ist, liegt auf der Hand. Die Polizeigewahrsamsordnung gilt ohnehin nur für den Vollzug des Gewahrsams in den entsprechenden Räumlichkeiten. Für den Einsatz vor Ort kann sie allenfalls ihrem Sinn und Zweck nach entsprechend unter der Fragestellung angewendet werden, ob die Polizei aufgrund mangelnder Versorgung die Grundrechte des Betroffenen in erheblicher Weise verletzt hat. Dies ist aber nach den Schilderungen des Betroffenen aus Sicht der Kammer nicht zu erkennen. Nach der Stellungnahme des Einsatzleiters der Gefangenensammelstelle POR Lehne voml7.6.2004 standen in der Gefangenensammelstelle Speisen und Getränke in ausreichendem Umfang jederzeit zur Verfügung (BI. 81 d.A.). Auf der Grundlage dieser Schilderung, der die Betroffene nicht entgegengetreten ist, geht die Kammer davon aus, dass grundsätzlich auch für die Betroffene die Möglichkeit zur Erlangung dieser Verpflegung bestand. Davon abgesehen konnte sie sich sowohl nach der Dokumentation der Gesa (BI. 88 d.A.) als auch ihren eigenen Angaben im Rahmen der Anhörung (BI. 101 d.A.) in der Gefangenensammelstelle mit mitgebrachtem Proviant verpflegen. Die zeitweise unterbliebene Verpflegung insbesondere im Rahmen des Transportes zur Gefangenensammelstelle stellt aus Sicht der Kammer eine Unannehmlichkeit dar, die aufgrund der Einsatzsituation hinzunehmen ist.

Im übrigen sind Verstöße gegen die Regeln zur Behandlung festgehaltener Personen nicht ersichtlich. Nach der Stellungnahme des POR Lehne wurde der durch die Polizeigewahrsamsordnung vorgegebene Platzbedarf in der Gefangenensammelstelle von 3, 5 m² pro Person nicht unterschritten. Der Betroffenen wurde ihren eigenen Angaben zufolge eine Decke gereicht, ferner wurde ihr Kontakt mit einem Rechtsanwalt sowie einer Pastorin ermöglicht. Dass die Gewahrsamszellen nicht mit Mobiliar ausgestattet waren, begründet aus Sicht der Kammer angesichts der relativ kurzweiligen Verweildauer der Betroffenen keinen Grundrechtsverstoß, sondern ist mit dem besonderen Geschehen im Rahmen des Castortransportes und den damit einhergehenden Masseningewahrsamnahmen zu rechtfertigen. Da die Betroffene nicht über Nacht festgehalten wurde, hielt sich die Ausstattung im übrigen auch im Rahmen der Vorgaben der Ziff. 16.1 der Polizeigewahrsamsordnung.

6. Eine tiefgreifende Grundrechtsverletzung, die die Kammer zu einer gesonderten Feststellung der Rechtswidrigkeit veranlasst, sieht die Kammer demgegenüber darin, dass sich die Betroffene bei der Durchsuchung in der Gefangenensammelstelle nackt ausziehen musste. Bei der Durchsuchung handelt es sich um einen gegenüber dem allgemeinen Gewahrsamsvollzug selbständigen Zwangsakt, der auf einer eigenständigen Ermächtigungsgrundlage beruht und bereits deswegen einer gesonderten richterlichen Überprüfung sowie einer gesonderten richterlichen Ausspruchs gegenüber den allgemeinen Gewahrsamsbedingungen bedarf.

Die Zuständigkeit für die Überprüfung dieser Maßnahme ist nach Auffassung der Kammer aus dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhanges eröffnet. Insoweit geltend die obigen Ausführungen zur Fesselung entsprechend.

Die Voraussetzungen für eine Durchsuchung des Betroffenen in der Gefangenensammelstelle waren zwar gem. § 121 Abs. 1 Nr. 1 NGefAG (gemeint ist: § 22, d.Red) grundsätzlich gegeben, weil die Betroffene zum Zeitpunkt der Durchsuchung nach § 18 NGefAG festgehalten werden durfte.

Über die Tatbestandsvoraussetzungen hinaus unterliegt die Durchsuchung als in Grundrechte eingreifende polizeiliche Maßnahme jedoch in besonderer Weise dem Verhältnismäßigkeitsgebot, nach dem sie nicht nur zur Erreichung des zulässigen Zwecks geeignet und erforderlich, sondern zudem auch unter Abwägung des polizeilichen Zwecks einerseits und den schützenswerten Grundrechten des Betroffenen andererseits angemessen sein muss.

Diesen Anforderungen wurde der Zwang des nackt Ausziehens in der konkreten Situation nicht gerecht. Durchsuchungen, die mit einer Entkleidung verbunden sind, stellen einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar (BVerfG, Beschl. v. 29.10.2003, 2 BvR 1745/ 01).

Mit Rücksicht darauf hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für diesen Eingriff bei Strafgefangenen in § 84 StVollzG in differenzierter Weise geregelt und die Durchsuchung von Strafgefangenen mit Entkleiden gegenüber der allgemein zulässigen Durchsuchung nur unter besonderen, eng umrissenen Voraussetzungen, nämlich bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung des Anstaltsleiters im Einzelfall zugelassen.

Die Strafvollzugsordnung ist zwar auf den Vollzug von Polizeigewahrsam nach Landesrecht nicht anwendbar, die ihr zugrundeliegende und in der bundesgesetzlichen Regelung zum Ausdruck kommende Bedeutung des Persönlichkeitsrechts der festgehaltenen Personen schlägt sich jedoch im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Polizeirecht mit besonderem Gewicht nieder. Ebenso wie bei der Durchsuchung von Strafgefangenen stehen sich bei der Durchsuchung festgehaltener Personen im Rahmen des Polizeigewahrsams das Sicherheitsinteresse der Polizisten und weiteren Insassen einerseits sowie das Persönlichkeitsrecht der zu durchsuchenden Personen andererseits gegenüber und bedürfen insoweit einer Abwägung, die hier im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen hat.

Bei der erforderlichen Abwägung sind nicht nur Art und Bedeutung der sich gegenüberstehenden Grundrechte, sondern auch Art und Wahrscheinlichkeit ihrer möglichen Verletzung sowie die Nähe des Schadenseintrittes zu beachten. Je größer dabei die Gefahr für die mit dem Leben und der Gesundheit der Polizeibeamten sowie Mitgefangenen zu schützende öffentliche Sicherheit ist, umso mehr muss das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen zurücktreten. Umgekehrt sind an die Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs umso höhere Anforderungen zu stellen, je geringer die Schadenswahrscheinlichkeit ist.

Auf dieser Grundlage ist eine Durchsuchung festgehaltener Personen auch ohne Hinzutreten weiterer Verdachtsmomente grundsätzlich zur Eigensicherung der handelnden Polizisten sowie zur Verhinderung der Verletzung dritter Personen zulässig. Dem Sicherheitsinteresse wird aber in aller Regel durch ein schlichtes Abtasten der Personen unter Ablegung der äußeren Kleidungsstücke genüge getan werden können. Dass Personen darüber hinaus zielgerichtet kleinere, von außen nicht zu ertastende Gegenstände am Körper in der Unterwäsche führen, um andere, zu verletzen, kann ohne Untersuchung des Einzelnen zwar nie mit Sicherheit ausgeschlossen werden Allein die allgemeine Erkenntnis, dass sich in einer großen Gruppe von Personen grundsätzlich immer auch unerkannt gewaltbereite Personen befinden, die es sich zum Ziel gemacht haben, andere zu verletzen, reicht jedoch nicht aus, um in jedem Fall der Freiheitsentziehung aus allgemeinen Schutzgesichtspunkten heraus den mit dem Ausziehen verbundenen tiefgreifenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht aller festgehaltenen Personen zu rechtfertigen. Der mit dem Ausziehen verbundene besondere Grundrechtseingriff bedarf vielmehr einer besonderen Rechtfertigung gegenüber der Einzelperson, die sich etwa aus entsprechenden Vorerkenntnissen zur Gewaltbereitschaft der Person oder auch der Gruppe, der er angehört, ergeben kann. Nur durch derart erhöhte Anforderungen wird dem Persönlichkeitsrecht der festgehaltenen Personen genüge getan Dies steht im übrigen auch im Einklang mit den Rechtsprechung zum Strafvollzugsgesetz. So wird für § 24 Abs. 3 StVollzG, der eine Ermächtigung zur Durchsuchung der Besucher von Strafgefangenen enthält, ein Zwang zum Entkleiden ebenfalls für rechtswidrig gehalten (Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 28.12.2004, 3 Vollz (Ws) 130/04- Jurisdokument). Die Gefahrenlage für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist grundsätzlich im Falle von Strafgefangenen nicht niedriger einzuschätzen als bei festgehaltenen Personen im Rahmen eines Castortransportes. Im Gegenteil wird von durchschnittlichen Strafgefangenen und deren Umfeld in aller Regel ein höheres Gewaltpotential ausgehen als von durchschnittlichen Atomkraftgegnern, zumal ein Großteil des organisierten Widerstandes gerade seine Gewaltfreiheit proklamiert und hierfür auch bekannt ist. Dass es im Einzelfall immer Ausnahmen geben kann, rechtfertigt jedenfalls nicht den pauschalen Schluss, bei allen festgehaltenen Personen handele es sich um potentielle Gewalttäter. In der erforderlichen Abwägung zwischen dem Sicherheitsinteresse einerseits und den Grundrechten der Betroffenen andererseits ist vielmehr eine Grenzziehung zwischen allgemeinen Erkenntnissen einerseits, die zu allgemein belastenden Maßnahmen, wie einer Durchsuchung führen können einerseits und speziellen Erkenntnissen, die allein tiefgreifende Grundrechtseingriffe zu rechtfertigen vermögen andererseits zu ziehen. Dass hierbei keine 100- prozentige Sicherheit erzielt werden kann, ist aus Sicht der Kammer aus verfassungsrechtlichen Gründen hinzunehmen. Ohne konkrete Verdachtsmomente gegenüber der Einzelperson oder der Gruppe, der sie angehört, ist jedenfalls der mit dem Nackt Ausziehen verbundene tiefgreifende Grundrechtseingriff nach Auffassung der Kammer nicht zu rechtfertigen.

Nach der Stellungnahme der Beteiligten vom 27.2.2006 wurde in der Gefangenensammelstelle eine vollständige Entkleidung der Betroffenen auch nur im Einzelfall bei entsprechenden Verdachtsmomenten gefordert (BI. 150 d.A.).

Welche konkreten Verdachtsmomente für die Polizei bei der Betroffenen angenommen wurden, kann vom Gericht nicht nachgeprüft werden, weil die Durchsuchung nicht dokumentiert wurde. Eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung durch Befragung der eingesetzten Polizisten erschien angesichts des langen Zeitablaufes nicht mehr erfolgversprechend. Nach der Stellungnahme der Beteiligten ist der Vorgang aufgrund der mangelnden Dokumentation auch innerhalb der Polizei nicht mehr nachvollziehbar (BI. 149 d.A.).

Aus den übrigen gerichtsbekannten Erkenntnissen vermag die Kammer keine Umstände zu erkennen, die das vollständige Ausziehen der Betroffenen rechtfertigen würden. Die Betroffene hat sich zu keiner Zeit gewaltbereit gezeigt oder Gegenstände bei sich geführt, die auf ihre Gewaltbereitschaft hätten hindeuten können; Dass die Betroffene im Rahmen des von ihr geleisteten Castorwiderstandes ggf. bereit war, sich an Schienen zu ketten, damit in erheblicher Weise gegen die Rechtsordnung zu verstoßen und hierbei auch Straftaten, wie etwa Sachbeschädigung oder Störung öffentlicher Betriebe zu begehen, lässt nicht den Schluss zu, dass sie grundsätzlich auch innerhalb des Gewahrsams Sachbeschädigungen begehen oder Gewalt gegen Personen anwenden würde Denn die von der Betroffenen nach den Erkenntnissen in Aussicht genommenen Aktionen auf der Schiene beschränkten sich auf die, Behinderung der Durchfahrt des Castorzuges. Dass sie über diesen Widerstand hinaus allgemein gewaltbereit wäre, lässt sich hieraus aus Sicht der Kammer jedenfalls nicht schließen.

Von einer erneuten Anhörung der Betroffenen in der Beschwerdeinstanz hat die Kammer abgesehen, da sie für die zu treffende Entscheidung nicht erforderlich war. Die persönliche Anhörung verfolgt im Regelfall den doppelten Zweck, dem Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren sowie dem Gericht einerseits einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen, andererseits zur Sachverhaltsaufklärung beizutragen. Das rechtliche Gehör der Betroffenen wurde durch die ihr gegebene Möglichkeit zur persönlichen Äußerung gewahrt, die Betroffene hat hiervon ausdrücklich keinen Gebrauch gemacht, indem sie auf erneute Anhörung verzichtet hat. Da im wesentlichen Rechtsfragen zu klären waren und im übrigen auf das ausführliche Anhörungsprotokoll des Amtsgerichts sowie die umfänglichen Stellungnahmen der Verfahrensbevollmächtigten zurückgegriffen werden konnte, war die erneute Anhörung der Betroffenen aus Sicht der Kammer für die Sachentscheidung auch nicht zur Sachverhaltsaufklärung erforderlich. Dabei war. auch zu berücksichtigen, dass das Erfordernis der Gewinnung eines persönlichen Eindruckes im Falle erledigter Freiheitsentziehungen gegenüber noch andauernden Freiheitsentziehungen erheblich in den Hintergrund rückt, weil die Rechtmäßigkeit der erledigten Gewahrsamnahme aus der ex-ante Sicht der Polizei beurteilt werden muss, die bereits angesichts des langen Zeitablaufes und der gegenüber der Einsatzlage veränderten Situation im Nachhinein durch den nunmehr vermittelten Eindruck der Betroffenen nicht mehr zutreffend erfasst werden kann.

7. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 131 Abs. 1 Nr.1, Abs. 2, 158 Abs. 2, 2 Nr. 1 KostO. Nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO hat die Betroffene die auf den zurückgewiesenen Teil entstandenen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, im übrigen ist das Beschwerdeverfahren gem. § 131 Abs. 2 KostO gerichtsgebührenfrei. Die Pflicht zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten für den zurückgewiesenen Teil ergibt sich aus § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG. Eine weitergehende Kostenerstattung, die gem. § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG im Ausnahmefall ermöglicht wird, entsprach angesichts des teilweisen Unterliegens beider Beteiligter aus Sicht der Kammer nicht der Billigkeit.

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 131 Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO. Dabei wurden festgesetzt:

- für den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung einschließlich der allgemeinen Art und Weise: 3.000 Euro.

Aufgrund des teilweisen Unterliegens der Betroffenen war dieser für den erfolgreichen Teil und den zurückgewiesenen Teil der Beschwerde jeweils gesondert festzusetzen, da die Betroffene die Kosten des Beschwerdeverfahrens gem. § 131 Abs. 2 KostO nur hinsichtlich des zurückgewiesenen Teils der Beschwerde zu tragen hat und die Kosten insoweit für den zurückgewiesenen Teil gesondert nach dessen Wert zu berechnen sind (hierzu Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 131, Rn.8). Aufgrund des etwa hälftigen Obsiegens und Unterliegens der Betroffenen wurde der Geschäftswert insoweit mit jeweils 1.500 Euro angesetzt.

Die Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Fesselung und Durchsuchung wurden jeweils mit 500 Euro bewertet. Da es sich hierbei um eigenständige Zwangsakte mit eigenen Ermächtigungsgrundlagen handelt, stellen diese gegenüber dem Verfahren über die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung dem Grunde und der allgemeinen Art und Weise eigenständige Geschäftsgegenstände i.S.d. § 18 Abs. 1 KostO dar, die daher auch wertmäßig eigenständig zu erfassen sind.

Die weitere sofortige Beschwerde war gem. § 19 Abs. 2 S. 4 SOG zuzulassen, weil die zur Prüfung stehenden Rechtsfragen, insbesondere zum Feststellungsinteresse bei Antragen über die Rechtswidrigkeit des Gewahrsamsvollzugs sowie zur Rechtmäßigkeit polizeilicher Durchsuchungen im Rahmen von Masseningewahrsamnahmen von grundsätzlicher Bedeutung sind.

Kommentar

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.12.2005 (2 BvR 447/05) nimmt das Gericht nun erstmals zu einer Vielzahl von Problemen Stellung, angefangen von der Frage, welche Rechtsgrundlage zu prüfen ist, wenn der Akteninhalt unklar ist, bis zu der Frage, ob das vollständige Entkleiden zur Durchsuchung in der Gefangenensammelstelle zulässig ist.

Auch wenn der Entscheidung nicht in allen Punkten zuzustimmen ist, so ist doch das Bemühen anerkennenswert, sich umfassend mit den Problemen einer Freiheitsentziehung auseinanderzusetzen. Vor allen Dingen die Argumentation zur Fesselung überzeugt nicht. Warum die Fesselung einer Person zulässig sein soll, über die die Beamten vor Ort vermerkten: "Person leistete keinen Widerstand" und die im Gegensatz zu anderen gerade nicht geflohen ist, erklärt das Gericht mit der angeblich geplanten Straftat "Ankettung". Die Planung zeige, dass die Antragstellerin erhebliche Energie auf ihr Ziel verwandt hat und dieses deshalb unter allen Umständen weiterhin durchsetzen würde. Warum es dann nicht ausreicht, die zur Ankettung notwendigen Utensilien zu beschlagnahmen - die die Antragstellerin im Übrigen nicht bei sich trug, bleibt unklar.

Es ist außerdem eine Überdehnung von § 13 Abs. 1 Nr.1 NGefAG, wenn hiermit nicht nur die ED-Behandlung zur Identitätsfeststellung, sondern auch die zur Vereinfachung der Arbeit der Polizei in der Gefangenensammelstelle gerechtfertigt wird.

Völlig inakzeptabel ist die Kostenentscheidung, sie kann nur als willkürlich bezeichnet werden. Es ist unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt, bei teilweise Unterliegen der einen Seite die außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, der anderen aber nicht.

Mit diesen Defiziten der Entscheidung muss sich nun das Oberlandesgericht Celle befassen. Zu klären ist dann auch die Frage, ob die Verletzung des Unverzüglichkeitsgebots die gesamte Freiheitsentziehung rechtswidrig macht (so AG Ahaus, NWVwBl. 2001, 301, LG Münster, B. v. 10.10.2002 - 5 T 91/01 und OVG Münster, NJW 1980, 265 ff.) oder ob diese teilbar ist in einen rechtmäßigen und einen rechtswidrigen Teil.

Vgl. zum selben Komplex die Entscheidung vom 23.05.2006 (10 T 47/05)